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Von der italienischen Gehörlosen-Nationalmannschaft bis hin zur Frauennationalmannschaft eines Landes, das gerade eine historische Welle feministischer Proteste erlebt. Für Trainerin Alessandra Campedelli bedeutet Volleyball soziales Engagement. Mit der italienischen Gehörlosen-Volleyball-Auswahl war sie durch die in Gebärdensprache gesungene Nationalhymne bekannt geworden und hatte so der Disziplin innerhalb der Community Sichtbarkeit verliehen. Dann, im Nahen Osten, ein neues Abenteuer, das im letzten Jahr mit ihrer Weigerung, sich der Propaganda des iranischen Regimes anzupassen, und dem Bruch mit der Nationalmannschaft endete. Und das inmitten der Proteste, die das Land nach dem Tod von Masha Amini erschütterten.
Die Anfänge und die Nationalmannschaft
Nach einer Vergangenheit als Hockeyspielerin wandte sich Campedelli dank ihres Mannes dem Volleyball zu und begann als Trainerin. Durch ihren Sohn Riccardo kam sie dann zum Gehörlosen-Volleyball. Ihren größten Erfolg feierte sie mit der Gehörlosen- Frauennationalmannschaft im Sommer 2017, als die Mädchen die italienische Hymne in Gebärdensprache "sangen". Es war das erste Mal, dass etwas Ähnliches zu sehen war. Das Ergebnis ist eine wichtige Botschaft, die es vielen gehörlosen Menschen ermöglicht, sich diesem Sport zu nähern.
Die Zeit im Iran
Dann nimmt Campedelli eine neue Herausforderung an: Sie wird Trainerin der iranischen Volleyball-Nationalmannschaft der Frauen. Ihr Wunsch ist es, die Volleyballbewegung im Iran zu fördern und mit den besten asiatischen Nationalmannschaften gleichzuziehen. Doch die Realität ist viel schlimmer als erwartet.
Im Iran wohnt die Trentiner Trainerin in einem kleinen Raum von 3 mal 3 Metern mit Gitterstäben und einem Fernseher ohne Satellitenempfang. Die Nationalmannschaft der Männer wohnt dagegen in einem Fünf-Sterne-Hotel. Auch die Trainingseinrichtungen sind völlig anders: Die Mädchen müssen sich an eine Turnhalle ohne Klimaanlage und die Pflicht, stets ein Kopftuch zu tragen, gewöhnen. Trotz dieser entschiedenen Ungleichbehandlung gelang es Campedellis Mädchen, bei den Islamic Solidarity Games, einem Wettbewerb, an dem 57 islamische Länder teilnehmen und bei dem der Iran seit 40 Jahren nicht mehr auf dem Podium stand, das Finale zu erreichen - nur geschlagen von der Türkei. Ein Ergebnis, das das Potenzial der iranischen Nationalmannschaft aufzeigte, gleichzeitig aber auch die Beziehungen zum Verband erschwerte, der eine mögliche Wende oder Veränderung in der Frauenwelt befürchtete.
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Die Proteste und das "Nein" zur Regierung
Nach dem Tod von Mahsa Amini, die verhaftet wurde, weil sie ihren Schleier nicht richtig trug, bricht in Teheran das Chaos aus. In den Straßen der Stadt kommt es zu Unruhen. Campedelli und ihre Mädchen haben Angst und in der allgemeinen Aufregung erhalten sie eine Einladung von Präsident Ebrahim Raisi. Sie sollen einen Brief verlesen, den der Verband zugunsten der Regierung geschrieben hat. Am Morgen des Treffens erscheinen nur sechs der vierzehn Athletinnen am Bus. Campedelli weigert sich, den Brief zu verlesen und trägt aus Protest eine schwarze Anstecknadel.
Für Campedelli ist es unmöglich, mit einer Regierung und einem Verband zusammenzuarbeiten, die das Leben der Frauen nicht respektieren. So kehrt sie nach Italien zurück, nicht ohne Sorge um ihre Sportlerinnen. Ihr ist klar, dass sie ein Privileg hatte, das ihre Mädchen nicht hatten: die Möglichkeit zu gehen. Sie sitzen im Iran fest, in einer surrealen und unmenschlichen Situation.
Auch in Italien gibt es in der Geschlechterfrage noch viel zu tun, allerdings in einem ganz anderen Kontext. Jetzt bringt Campedelli ihre Erfahrungen in die Schulen, um das Bewusstsein für die Geschehnisse im Iran zu schärfen, aber auch um jungen Menschen den Wert der Freiheit zu vermitteln. Eine Freiheit, die niemals als selbstverständlich angesehen werden sollte.
Photo credits: Facebook Alessandra Campedelli