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Mit dieser Philosophie im Gepäck hat der 28-jährige Streetworker Jirko Pribyl aus Kurtatsch (Bozen) ein Trainingslager für verhaltensauffällige Jugendliche und junge Erwachsene eröffnet. Und kann dabei auf einen einschlägigen Erfahrungsschatz zurückgreifen.
Nach einer schwierigen Kindheit gelang es Jirko, durch hartes tägliches Training aus dem Kreislauf der Gewalt auszubrechen. Heute gibt er sein Wissen an viele Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren weiter und hilft ihnen, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und die schiefe Bahn wieder geradezurücken. So hilft er indirekt auch den Familien, die beobachten können, wie ihre Kinder in die Gesellschaft integriert und in die Arbeitswelt eingeführt werden.
Die Geschichte von Jirko
Jirko wurde in der Tschechischen Republik geboren, zog aber einige Monate später nach Südtirol. Er war ein Junge mit einem schwierigen Charakter und beging bald schon seine ersten kleinen Straftaten: Drogenkonsum, Diebstahl, Schlägereien. Mit 16 Jahren wurde er nach nicht weniger als 42 Anzeigen zunächst in das Jugendgefängnis von Treviso und dann in eine Erziehungsanstalt in Deutschland eingewiesen. Hier änderte sich sein Leben für immer. In der Anstalt verbrachte Jirko einen großen Teil seiner Tage mit Sport und knallharter Disziplin.
„Ich kam nachts erschöpft auf mein Zimmer. Wenn ich mich nicht an die Regeln gehalten habe, musste ich Kniebeugen und andere Übungen machen. Als ich mich auf das Bett warf, dachte ich nur noch an Schlaf“, erklärt er. Nach neun Monaten war Jirko geläutert, lernte, sich selbst und andere zu respektieren, und verabschiedete sich für immer vom Leben als Kleinkrimineller. „Nach meiner Rückkehr nach Italien hatte ich mehrere kleine Jobs, unter anderem als Türsteher in einer Disco. Hier merkte ich, wie sich die Welt der jungen Menschen verändert hatte. Drogen und Gewalt gehören aber immer noch dazu und müssen energisch bekämpft werden.“ Aus dieser Erfahrung heraus entstand die Idee, ein Trainingscamp ins Leben zu rufen, das den größten Problemfällen helfen sollte, ihren Platz in der Gesellschaft wiederzufinden.
Ein Ventil für Aggressionen
Kurz vor der Pandemie wurde das Projekt Trainingscamp ins Leben gerufen: ein Freiluft-Trainingslager, in dem Jirko begann, einige Jugendliche zu coachen, um sie dazu zu bringen, all die angesammelte negative Energie herauszulassen und sie sozusagen wieder auf den rechten Weg zu bringen. Die Jugendlichen sollen sich durch intensive körperliche Betätigung so entladen, dass sie zu Hause keine Energie mehr haben, um etwas anderes zu tun als schlafen zu gehen. Und das alles dank strenger Regeln, die ihnen ihre Aggressivität nehmen sollen, über die sie aber auch ihren Körper besser kennenlernen können. Neben dem intensiven Training zwischen Boxen und Liegestützen hilft Jirko den Jugendlichen auch bei der Suche nach kleinen Jobs: auf Bauernhöfen oder als Servicemitarbeiter in den Bergrestaurants.
„Auf diese Weise ist es möglich, diese schwierigen Kinder von schlechten Einflüssen wie Alkohol, Schlägereien oder Drogen fernzuhalten“, sagt Jirko. „Wenn sie sich beim Sport und bei der Arbeit austoben können, erkennen sie, dass die Welt viel mehr zu bieten hat als nur Gewalt. Und sie machen erste Schritte in die wirtschaftliche Unabhängigkeit.“ Jirko erhält pro Tag fast drei Hilfsgesuche aus ganz Südtirol, hauptsächlich im Sommer. Seit Beginn des Projekts hat er 27 junge Menschen betreut, fast immer mit positiven Ergebnissen. Jirko arbeitet eng mit Sozialarbeitern und dem Jugendgericht zusammen. Und in den meisten Fällen sind es die Eltern, die sich an ihn wenden. „Bevor wir den Prozess mit den Kindern beginnen, sprechen wir mit ihren Familien, um die Ursachen für das Verhalten zu verstehen, das manchmal aus familiären oder anderen Problemen resultieren kann. Um diesen jungen Menschen neue Perspektiven zu geben, benötigen wir eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen mir, den Eltern und den Institutionen.“ Seit einiger Zeit arbeitet das Trainingscamp auch mit einer spezialisierten Einrichtung in der Region Marken zusammen, die den Jugendlichen eine Reihe von Fachleuten zur Verfügung stellt, darunter Lehrer und Psychologinnen.